Ernährung

Heumilch, A2-Milch, Weidemilch – welche Milch ist noch empfehlenswert?

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Dunja Rieber

Es gibt mehr Sorten Milch als je zuvor. Aber ist Weidemilch tatsächlich gesünder, stammt Heumilch von glücklicheren Kühen und ist A2-Milch wirklich besser verträglich? Wir klären Sie auf: Diese Sorten bieten tatsächlich mehr für Tier - und Mensch. 

Milch ist nicht gleich Milch. Es gibt mittlerweile immer mehr Alternativen im Regal, die mehr versprechen als konventionelle Milch. Wer Bio kauft, geht davon aus, dass er damit eine tier- und umweltgerechte Haltung unterstützt. Eine spezielle Milchsorte, die A2-Milch, soll keine Unverträglichkeiten auslösen. Und auch Weidemilch, Heumilch und Bergbauernmilch werden immer beliebter. Doch nicht immer ist auf den ersten Blick zu erkennen, was sich genau dahinter verbirgt. Alles reine Werbestrategie oder sind diese Sorten tatsächlich besser für Tier – und Mensch? In unserem Milch-Lexikon erfahren Sie es:

Was steckt hinter der Milch – alle Sorten im Überblick

Heumilch – Gras und Kräuter als Futter

Kühe, die „Heumilch“ geben, werden nach traditioneller Art und Weise gefüttert: Gras und Kräuter im Sommer auf der Wiese, Heu im Winter, ein gewisser Anteil Getreide oder Lupinenmehl im Futter ist dabei erlaubt. Auf Silage und Gär-Heu wird verzichtet.

Dahinter steckt: Je natürlicher das Futter, desto besser geht es nicht nur den Kühen, auch die Milchqualität ist besser. Heumilch enthält daher auch mehr der für unsere Ernährung wichtigen Omega-3-Fette als konventionelle Milch. Erst seit kurzem ist Heumilch eine durch die EU geschützte „garantiert traditionelle Spezialität“ (Heumilch g.t.s.). Das aromatische Futter sorgt für vollmundigere Milch, die vor allem auch Käserei-Meister schätzen. Milchprodukte und Käse aus Heumilch bekommt man in Deutschland in gut sortierten Supermärkten. Leider beziehen sich die Anforderungen vor allem auf die Fütterung der Tiere. Ob und wie lange die Tiere auf der Wiese stehen dürfen, ist nicht geregelt.

A2-Milch – bei Laktoseintoleranz einen Versuch wert

Die Bezeichnung „A1“ bzw. „A2“ bezieht sich auf den Eiweißanteil in der Milch, die Caseine. Je nach Rinderrasse unterscheidet sich die Art der enthaltenen Eiweiße geringfügig. A1-Milch enthält vor allem die Aminosäure Histidin im Milcheiweiß, A2-Milch stattdessen mehr Prolin. Das beeinflusst auch die Verdauung. Ob eine Kuh A1- oder A2-Milch gibt, hängt von der Rasse ab. A2-Milch geben z. B. Jersey- und Guernsey-Kühe. A1-Milch steht unter Verdacht schwerer verdaulich zu sein. Wissenschaftlich bestätigt ist es noch nicht, aber gerade bei Unverträglichkeiten wie Laktoseintoleranz, scheint A2-Milch besser verdaulich zu sein. Während A2-Milch in Australien, England und China bereits zum Standard-Sortiment gehört, wird man hierzulande bisher nur bei spezialisierten Landwirten fündig.

Weidemilch – oft, aber nicht nur auf der Wiese

Eine Milch aus Weidehaltung darf so gekennzeichnet werden, wenn die Kühe an mind. 120 Tagen im Jahr für täglich sechs Stunden auf der Weide grasen dürfen. Die Tierhaltung im Winter sowie die Frage der Fütterung sind allerdings nicht geregelt.

Unser Tipp:

  • Für etwas mehr Transparenz sorgt das eher im Norden verbreitete Gütesiegel „Pro Weideland“. Ein erstes Siegel für Weidemilch: Das "Pro Weideland"-SiegelNeben 120 Tagen Auslauf im Jahr müssen pro Kuh mind. 2000 m² Weideland zur Verfügung stehen, eine ganzjährige Auslaufmöglichkeit muss gewährleistet sein und die Kühe dürfen nur gentechnikfreies Futter bekommen.
  • Bergbauernmilch: Bergbauernmilch klingt ebenfalls nach Wiese und frischer Luft, ist jedoch kein geschützter Begriff. Lediglich „Bergerzeugnis“ wäre eine Qualitätsangabe. Eine solche Milch muss aus der Bergregion stammen, ebenso wie 60 Prozent des Futters. Kühe, die im Winter im Tal leben, sollen mind. ein Viertel ihres Lebens auf der Alm gegrast haben dürfen. Bayern, Österreich und Tirol sind dabei hierfür ein Logo zu entwickeln. Bergbauernmilch kann mehr bieten, aber jeder sollte sich beim Hersteller informieren, was genau dahinter steckt.

Vorzugsmilch – enthält noch gesunde Milchsäurebakterien

Vorzugsmilch ist Rohmilch, die unter besonders hygienischen Bedingungen erzeugt wird und daher auch ohne Erhitzen getrunken werden darf. Käserei-Meister schätzen sie auch für Rohmilchkäse. Sie ist besonders aromareich, wenn die Kühe viel Gras und frische Kräuter gefressen haben. Einige Experten sind außerdem sicher: Vorzugsmilch ist gesünder für uns, weil das Pasteurisieren nicht nur die schädlichen Keime, sondern auch die gesunden Milchsäurebakterien zerstört. Stellte man Milch früher in die Küche, wurde daraus leckere Dickmilch. Die Milch fermentierte. Heute fehlen diese eigentlich nützlichen Milchsäurebakterien. Die Milch wird nicht mehr sauer, sondern bitter und ungenießbar.

Pasteurisieren und homogenisieren – schadet es der Milch?

  • Pasteurisierte und homogenisierte Milch: Frische Milch wird bei 72 Grad für 15 bis 30 Sekunden erhitzt – also pasteurisiert – um mögliche schädliche Keime zu entfernen. Unter Druck wird die Milch durch ein kleines Sieb gepresst. Die Fettkügelchen werden dadurch kleiner, können nicht mehr aufsteigen und verteilen sich gleichmäßig in der Milch. Einige Experten sind davon überzeugt, dass die unnatürlich kleinen Partikel den Darm durchdringen und allergische Reaktionen auslösen können. Nicht-homogenisierte Milch gibt es im Handel nur von Demeter, die natürlicherweise eine Rahmschicht bildet. Durch die besondere Textur ist nicht-homogenisierte Milch auch aromatischer.
  • Ultrahocherhitzte Milch: Die auch H-Milch genannte Milch wird für ein bis zwei Sekunden auf 140 Grad erhitzt. Sie ist dadurch steril und ohne Kühlung mehrere Monate haltbar. Kritiker bezeichnen diese Milch als „tot“, weil auch alle nützlichen Bakterien dabei zerstört werden. Weil sie von allen Milchsorten am höchsten erhitzt wird, enthält sie auch den geringsten Vitamingehalt.
  • Längerfrische ESL-Milch: Zwischen Frischmilch und H-Milch liegt die längerfrische Milch. Durch ein neues Verfahren, die Mikrofiltration, wird die Milch durch feine Filter gepresst und so gereinigt. Diese Milch ist bereits so gut wie steril und daher einige Wochen haltbar.

Familienmilch – Kälbchen bei der Mama

Noch nicht viele, aber immer mehr Bauern (vor allem Demeter-Landwirte) setzen auf muttergebundene Kälberaufzucht. Das heißt die Kälbchen werden nicht wie sonst von der Mutter getrennt, sondern dürfen bei der Mutterkuh groß werden. Höfe, die diese natürliche Art der Kälberaufzucht betreiben, finden Sie auf www.kuhplusdu.de.

Landmilch und Alpenmilch – nicht geschützt

Beides sind leider keine gesetzlich geschützten Begriffe. Alpenmilch könnte somit theoretisch auch vom Flachland stammen und Landmilch vom Stadtrand.

Bio-Milch – gut, aber es geht besser

Bio ist gut, aber auch hier sind riesige Mast-Betriebe möglich, die mit Bauernhof-Idyll nichts zu tun haben. Private Siegel wie Demeter bieten definitiv noch mehr Vorteile für die Tiere. Denn die EU-Öko-Verordnung macht vor allem Angaben zur Größe und Ausstattung der Ställe – die Tiere haben zwar mehr Platz als in der konventionellen Haltung, aber es könnte durchaus mehr sein. Immerhin: Die Liegeflächen müssen mit Stroh ausgelegt sein, der Spaltenanteil im Boden ist wegen der Verletzungsgefahr begrenzt. Die Tiere haben Weiden-Auslauf, soweit die Umstände es gestatten. Die Fütterung mit Kraftfutter ist begrenzt und es wird im Sommer mehr Wert auf Grünfutter gelegt. Außerdem dürfen vorbeugend keine Medikamente verabreicht werden. Das schmerzhafte Enthornen der Tiere (auch weibliche Tiere haben Hörner) ist aber auch bei Bio möglich.

Unser Fazit: Es lohnt sich genauer hinzusehen

Traditionelle Milch kostet mehr, aber aus gutem Grund! Und Bio ist nicht gleich Bio. Bio-Milch mit zusätzlichen Siegeln unterliegt noch strengeren Richtlinien was das Tierwohl angeht. Und auch pflanzliche Milch ist einen Versuch wert, z. B. aus Hafer, Reis oder Soja. Welche Sorten empfehlenswert sind, erfahren Sie in diesem Artikel. Übrigens ist Milch nicht unsere einzige Kalziumquelle. Kalzium steckt auch in Gemüse wie Spinat, Fenchel, Rucola und Mangold sowie Nüssen.

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